Unsere Glückssträhne auf Reisen ist vor ziemlich genau einer Woche gerissen. Wortwörtlich.
Bis dahin hatten wir eine sorgenfreie Tauchzeit auf Utila, wo uns keine Erkältung in unsere Tauchabenteuer dazwischengegrätscht ist und ich mit etwas Glück und ganz viel Können den Hauptpreis beim wöchentlichen Bingo Spielen gewonnen hatte, 2 kostenlose Fun Dives. Es folgten ein furioser Turniersieg beim Kickern in Tikal und ein erneuter Bingogewinn in Semuc Champey, liegt uns einfach dieses Bingo. Die gewonnene Tour zu den natürlichen Pools, Höhlenwanderung und Tubing im Fluss, welches wir aufgrund des absurden Preises sicher nicht gemacht hätten, sollte mir allerdings zum Verhängnis werden…
Und so sehe ich mich tags drauf auf der Riesenschaukel sitzen, welche einen Backpacker nach dem anderen in den Fluss katapultiert hatte und denke noch, es kann ja nichts passieren, ist ja nur Wasser. Falsch gedacht, denn wie ich nach meinem Absprung 5 m über dem Fluss merklich in Frontlage gerate und Gesicht voraus in den Fluss zu stürzen drohe, kann ich gerade noch meinen Kopf drehen und knalle seitlich mit dem linken Ohr ins Wasser. Als nächstes höre ich nur einen langen Pfeifton, so wie man es oft in Actionfilmen nach einer Bombenexplosion hört. Irritiert steuere ich an Land und hoffe dass der Tinitus bald weggeht, was mich aber idiotischerweise nicht davon abhält, den nächsten Sprung in den Wasserfall auszusetzen. Als ich wieder auftauche merke ich, dass etwas ganz und gar nicht in Ordnung ist, der Tinitus ist nun zwar weg, aber mir ist schwindelig als hätte ich 3 Promille und beim Versuch mein Ohr auszugleichen, merke ich wie Wasser aus meinem Ohr blubbert.
Fuck, da ist was kaputtgegangen, ich habe zwar keinerlei Schmerzen, aber hören kann ich auf dem linken Ohr so viel wie nach 30 Jahren Presslufthämmern, Nichts! Passenderweise sind wir mitten im guatemalischem Dschungel gute 5 Stunden vom nächsten Krankenhaus entfernt, also bleibt nichts anderes übrig als selbst eine Diagnose im Internet zu finden und mit meinen Basiswissen aus der Medizin für Ingenieure Vorlesung, habe ich (leider) in letzter Zeit immer unsere Wehwehchen und Krankheiten richtig prophezeit. Diesmal habe ich mir, nachdem ich in Indien von antibiotikaresistenten Amöben in meinen Gedärmen heimgesucht wurde, in Sydney mir an Silvester den Schneidezahn abgebrochen und in Neuseeland mit Vulkansand unter der Kontaktlinse die Hornhaut abgekratzt hatte, also das Trommelfell gerissen. Geplatzter Traum meiner geplanten Tauchmasterausbildung wie es scheint!
Verletzungen auf Reisen sind bisher das größte Übel was uns heimgesucht hatte, denn im Gegensatz zu daheim, wo man eine all-inclusive Gesundheitsversorgung vor der Tür hat, ist man auf Reisen auf sich alleine gestellt und muss sich erstmal selber helfen. Glücklicherweise haben wir vor kurzem einen Reisenden aus UK kennengelernt, der wie ich mich richtig erinnern sollte, HNO-Arzt ist. Nach einem kurzen Chat war ich zumindest so weit beruhigt, dass ein Riss des Trommelfells meist von alleine heilt oder aber operiert werden kann und eine komplette Wiederherstellung des Hörvermögens realistisch ist. Da eine Behandlung nicht akut ist, haben wir uns auch dazu entschlossen den nächsten Tag komplett die 10h weiter bis nach Antigua zu reisen, in der Hoffnung dort einen kompetenten englischsprachigen Arzt oder gar Spezialisten zu finden, der mein kaputtes Ohr mal genauer unter die Lupe nehmen kann. Das verminderte Hörvermögen sorgte natürlich für dementsprechend gedämpfte Stimmung, da sich auch 2 Tage nach meinem Unfall keine Besserung zu hören war.
Die Allgemeinärztin im Privatkrankenhaus von Antigua war leider alles Andere als eine Hilfe, denn aufgrund meiner einhergehenden Entzündung im Ohr, ist sie trotz meiner Unfallbeschreibung anscheinend davon ausgegangen, dass es sich um eine Mittelohrentzündung handelte. Die Ohrenschmerzen die ich an jenem Abend bekam, waren dann auch Symptome der verschriebenen Ohrentropfen, die ich mir dreimal täglich für 10 Tage einflössen sollte. Mit einen Blick auf den spanischen Beipackzettel erkannte sogar ich, mit meinem schlechten Spanischkenntnissen, dass man diese auf keinen Fall bei einem gerissenem Trommelfell einsetzen sollte, da diese eine giftige Wirkung auf das Innenohr haben und langfristig mein Gehör schädigen würden.
Unglaublich wie inkompetent doch selbst in den USA ausgebildete Ärzte sein können und es beweist sich mal wieder mein Prinzip auf Reisen nichts und niemanden zu trauen. Hätte ich die Ohrentropfen wie verschrieben eingenommen, wäre ich wahrscheinlich endgültig taub geworden und mit dieser Diagnose und Behandlung hat sich Dr. Revas wahrlich den schäbigen Backpack als schlechteste Allgemeinärztin Guatemalas mehr als verdient.
Und so steht man am Ende alleine, da mit halbtauben Ohr, falscher Diagnose, falschen Medikamenten und der nächste Termin beim Spezialisten ist wieder 4 Tage entfernt. Und man macht das was man natürlich nicht machen sollte, man googelt weiter, wühlt sich durch die Horrorgeschichten vermeintlicher Leidensgenossen, bis man selber davon überzeugt ist einen lebenslangem Hörschaden davongetragen hat. Und auch wenn man noch so viele Gegenargumente findet, der Samen des Zweifels, dass unwiderruflicher Schaden dem geschundenen Körper zugefügt wurde, ist gesäht und wütet im Kopf bis man nur noch eine Diagnose haben will um endlich zu wissen woran man ist. Sei es antibiotikaresistene Amöben, die meine Leber zerfressen, abgebrochene Schneidezähne die nur durch eine aufwendige Vollprothese ersetzt werden können oder eine zerkratzte Hornhaut, die mich nie wieder klar sehen lassen wird, ich habe alles schon durchlebt. Vielleicht ist diese Panik auch mein eigener Schutzmechanismus um im Falle einer derartig bösartigen Verletzung mental gewappnet bin und obwohl ich aus eigener Erfahrung sagen kann „Alles wird gut“, gehorcht mir mein Unterbewusstsein nicht, lässt es sich nicht kontrollieren. Wenn man krank ist, erscheint einem der normale, gesunde Zustand so fern, wie ein anderes Leben.
Tatsächlich hilft mir in solchen Fällen um einen klaren Kopf zu bekommen, die Gedanken mit klarem Tequila zu betäuben, Antibiotikavorgaben hin- oder her, was nützt einem eine gesunde Leber, wenn der Kopf vergiftet ist! Im Rausch umgeben von anderen Reisenen und erfährt man so manchen Frust aber auch Trost und stellt am Ende fest, dass es selbst wenn sich die schlimmsten Befürchtungen bewahrheiten, es immer noch wert ist diese Weltreise zu durchleben, if thats the price to pay, so be it!
Zumal ich mir so gut wie alle Verletzungen, abgesehen mal von den fiesen Parasiten aus Indien, auch in Deutschland hatte zuziehen können.
Ein paar Tage später sind wir am idyllischen Atitlansee im Hippie-Örtchen San Marcos und genießen die schöne Umgebung. Die Stille kann ich leider nicht wirklich wertschätzen, denn bevor es still wird pfeift der Tinitus in meinem Ohr und baden kann ich leider in den schönen See auch nicht, damit nicht noch weitere Bakterien mein Innenohr bevölkern. Es war eine anstrengede Woche seit dem Ohrplatscher und eine Besserung ist noch nicht in Sicht, aber ich habe eine beruhigende Diagnose vom guatemaltekischen HNO Arzt. Das Trommelfellloch macht 20-30% der Oberfläche aus und es besteht gute Chancen, dass es innerhalb der nächsten 2 Wochen von alleine zuwächst, bis dahin muss ich allerdings mit dem eingeschränkten Hörvermögen und Tinitus leben. Faszinierend wie gut sich der Körper selbst zu heilen weiß und es schafft das Trommelfell wieder von alleine zusammenwachsen zu lassen.
Auch diese Erfahrungen gehören zum Reisen dazu und führt uns vor Augen und Ohren wie wichtig eine ausreichend Gesundheitsversorgung für die Genesung und das eigene Wohlbefinden ist. Das ist tatsächlich das Eine was man jedem Menschen auf der Welt wünschen möchte, gesund zu sein und nicht leiden zu müssen. Und wer weiß, vielleicht hilft mir diese Krankheitserfahrung später mal leichter mit Verletzungen und Krankheiten im Leben klar zu kommen, denn ohne kommt man nicht durchs Leben und im Alter ist so eine Schwerhörigkeit Normalzustand! Ich kann einmal mehr darauf vertrauen: Alles wird gut! Daher möchte ich allen, die auf ihrer eigenen Reise die Welt erkunden wollen Mut zusprechen und euch nicht von Krankheiten und Verletzungen unterkriegen zu lassen, es sind genauso wertvolle Lebenserfahrungen den eigenen Körper in Extremsituationen kennenzulernen, wie das Reisen selbst.
PS.: Katja hat sich mittlerweile eine Erkältung zugezogen und hat kaum mehr eine Stimme. Wir laufen nebeneinander die kleine Gaße Richtung Atitlan See hinunter und ich höre ein Krächzen von der Seite. Ich muss mein gutes Ohr zu ihr hindrehen um ihre gebrochene Stimme zu verstehen. Wir einigen uns darauf Zeichensprache zu lernen, wer weiß wann wir wieder normal Kommunizieren können.
PSS.: 6 Wochen später in Playa del Carmen, Mexiko halte ich die Bestätigung in Händen wieder Tauchen gehen zu können, das Trommelfell ist dicht, der Tinitus ist noch da. Nach den ersten vorsichtigen Tauchgängen in denen mein Trommelfell den Druck der Tiefe standhält bin ich meinen Körper und seinen selbstheilenden Kräften so unendlich dankbar und genieße umso mehr den Rausch der Unterwasserwelt.
PSSS.: Die täglichen Tauchgänge auf Cozumel 2 Wochen später zollen ihren Tribut. Mein linkes Ohr ist in Folge der ständigen Druckbelastung geschwollen und entzündet. In meinem 4 wöchigem Tauchmaster lerne ich viel über das Innenohr und die Theorie des Druckausgleichs, um einen dauerhaften Schaden abzuwenden muss ich an Land bleiben. Nach erneut widersprüchlichen Diagnosen der mexikanischen Ohrenärzte gehe ich 5 Tage später wieder Unterwasser. Ich habe mittlerweile dutzende verschiedene Medikamente und Präparate von den 6 verschiedenen Ärzten angesammelt, denen ich mein Ohr anvertraut habe. Mittlerweile verwende ich wieder meine ursprünglich falsch verschrieben Ohrentropfen gegen die Entzündung des nun verschlossenen Mittelohrs. Den entscheidenden Tipp, hält allerdings ein besoffener engländischer Tauchlehrer parat. Um nach dem Tauchen die belasteten Ohren zu entspannen und ein Anschwellen zu verhindern massiert er sein Trommelfell mit Musik aus seinen Kopfhörern! Und so hat mir Raggaeton geholfen meinen Tauchmaster mit mehr als 50 Tauchgängen erfolgreich abzuschließen.
PSSSS.: Ein letztes Mal macht der Tinitus 4 Monate nach meinem Unfall nach unserem Heimflug von Havanna nach Deutschland von sich Hören. Die Druckunterschiede in 10.000m Höhe biegen mein Trommelfell und mit geschwollenem Ohr komme ich wieder in Deutschland. Das vertraute Piepsen des Tinitus lässt mich in der Heimat noch einige Wochen an unsere Tiefen und Höhen unseres Abenteuer erinnern. Ich vertraue auf die Heilungskräfte meines Körpers. Alles ist gut!
Auf nach Guatemala! Livingston ist nur per Boot zu erreichen! Bienvenidos a Livingston Bunter Karibikflair der Garifunas Ein entspanntes Karibikörtchen Offroad zwischen Dschungel und Meer Mit pinken Rädern fährt sichs nochmal cooler Pelikantreffen Ziel sind die 7 Altare, Süßwasserpools im Dschungel Planschen im kühlen Naturpool Ein Wrackreiher Bootsfahrt auf dem Rio Dulce Seerosenteppich Spanische Festung am Rio Dulce Flores – die Basisstation für Tikal Schwalben im Abendhimmel Die Schwalben übernachten in der Stadt zu Tausenden Bitte nicht vollscheißen! Chillen im Flashpacker-Hostel Kittenakupunktur Die Kickerturniergewinner mit ihrem Hauptpreis: Einem Eimer Bier Spinnenaffen begrüßen uns in Tikal Nasenbärfamilie Sagenumwobenes Tikal Schweißtreibender Aufstieg Das Zentrum der Maya-Städte Der Ausblick über dem Blätterdach Die Massen halten wieder Einzug in die verlassene Dschungelstadt Imposanter Tempel Ein zutraulicher Nasenbär Ein hübscher Truthahn?! Unser Busbegleiter fixiert Rucksäcke auf dem Dach währrend der Fahrt Grüne Hügel um Semuc Champey Aussicht auf die Kalkterassen von Semuc Champey Ein Nilpferd im Badeanzug planscht im Kalkpool Kalkpools über einen unterirdischer Fluss Splash! Fish Spa Ein großer Knabberfisch Mit einer Kerze bewaffnet durch die Höhle Hoffentlich wird das Wasser nicht noch tiefer Kerzen werden nach dem Schwimmen wieder angezündet Hab ich schon erwähnt, dass es eng zuging Der Befund eines gerissenen Trommelfells auf guatemaltekisch! In Mexiko ist das Equipment schon besser! So sieht ein gelöchertes Trommelfell aus! Power Chicken – na wenn dass mal einem nicht das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt! Frische Tortillas sind uns da schon lieber! HUAAAAHHH eine Schnur, Stirb!
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