All unsere besonderen Erlebnisse, magischen Momente und einzigartigen Begegnungen wollen wir hier festhalten.
Reiseblog

Mit dem Chickenbus durch El Salvador


Wir sitzen am Straßenrand der Hauptstraße und warten auf den Bus 287 der uns von dem Surferort El Tunco ins Hochland der Ortschaft Juayua fahren soll. Zum Glück gibt es Schatten, denn der Bus kommt wohl irgendwann um 14 Uhr und so haben wir der Empfehlung folgend um 13:30 Stellung bezogen. Doch tatsächlich ist der Bus nach zentralamerikanischer Vorstellung pünktlich. Die privat betriebenen Busse werden hier in Mittelamerika Chickenbus genannt, da mindestens ein Huhn unter den Passagieren ist. Das hat sich wohl mittlerweile geändert, einem Huhn sind wir nie begegnet, es passt eher die Beschreibung, dass Menschen wie Hühner in einen Käfig bzw. den Bus gestopft werden. Bei den Fahrzeugen selbst handelt es sich um alte amerikanische Schulbusse, dementsprechend ist der Platz für Knie und Beine eher für Kinder ausreichend und die Busse sind kunterbunt lackiert und bis ins letzte Eck mit Kitsch ausgeschmückt. Als der Bus hupend auf uns zu donnert, heißt es keine Zeit zu verlieren. Wir springen auf und schultern irgendwie unsere riesigen Backpacks, währrend zur hinteren Tür springt der Busbegleiter heraus. Mir fällt leider keine bessere Bezeichnung ein, die diesem Beruf gerecht wird, denn diese Profession gibt es so nicht wirklich anderswo, geschweige denn in Deutschland. Der Busbegleiter hier hat einen stressigen und zum Teil auch wirklich gefährlichen Job, wenn er mal wieder bei voller Fahrt ungesichert auf dem Busdach rum klettert um das Gepäck zu verschnüren. Ansonsten koordiniert er die Stopps und Weiterfahrt durch Pfeifen, Rufen oder lautstarkes Klopfen an die Karosserie. Dann gibt es natürlich noch den Busfahrer, dessen Aufgabe es ist zwischen diesen unsichtbaren Haltestellen möglichst schnell zu beschleunigen um dann noch stärker abzubremsen. Meist wird das Abkassieren der Fahrgäste durch den Busbegleiter übernommen. Bei besonders überfüllten Bussen kommt hier noch eine dritte Person zum Einsatz, diese wohl per Telepathie es schafft sich durch die Masse an Menschen und Gepäck zu den Neuzugängen zu gelangen. Aber kommen wir zurück zu unserem Einstieg in den Bus 287 und dem Busbegleiter. Eh wir uns versehen hat sich dieser unsere riesigen Rucksäcke geschnappt und die verschwinden im Innern des Busses. Dies erscheint mir wie ein Wunder als ich die steile Treppe erklimme mit Handgepäck in der einen und Gitarre in der anderen Hand, wobei ich nicht mal die letzte Stufe erreiche. Der Bus ist gestopft voll und Moritz ist es schon gelungen Teil der Masse zu sein. Ich hingegen hänge irgendwie an einem Arm in der Nähe der Tür und versuche mein Gepäck zu halten. Zwei junge Männer Lächeln mir schüchtern zu und halten dezent ihre Hände an meinen Arm und Rücken und bei der ersten Kurve wird mir auch klar warum. Mein Arm am Haltegriffe wird immer länger, während mein restlicher Körper Richtung offene Bustur flieht. Zum Glück fliege ich dank der nun etwas kräftigeren Stütze nicht davon. Als gerade mal keine Kurve kommt schafft es Moritz, wunderlicher Weise wieder, irgendwie das Handgepäck zu verstauen und der Busbegleiter hat mich mit in die im Durchgang stehende Masse gequetscht. Mein rechter Fuß hat es noch nicht geschafft sich auf dem Boden zu platzieren, aber mit zwei freien Händen fühle ich mich schon deutlich sicherer. Alle Fenster sind so weit wie möglich geöffnet und ein angenehmer Windzug sorgt für etwas Kühlung. Vielleicht ist es der morgendlichen Yogastunde geschuldet, aber ich fühle mich in diesem Moment so was von ausgeglichen und glückselig. Wir sind mitten unter Einheimischen, ob Müttern mit Kindern, Alte oder Berufspendler keiner jammert und nörgelt hier, Jeder hat irgendwo seinen Platz gefunden und wir sind für diese eine Fahrt Teil davon. Mittendrin anstatt verwöhnter Gringo mit Sonderbehandlung. Es ist dieser Moment des Reiseabenteuers der mich so glückselig stimmt.
Zum Glück wird nach kurzer Zeit ein viel zu enger Sitzplatz für uns frei, denn wer weiss ob ich nach einer Stunde stehender Fahrt immer noch so ausgeglichen gewesen wäre.

 

 

Halb zog Sie ihn, halb fiel er hinunter!
Arschbombe in den Lago de Coatepeque, El Salavador

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